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Lass mir meine Ruhe!
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Ruhe
Lass mir meine Ruhe!

Luise Schneeweiss
Redakteurin und Autorin
Bogenhofen, A

Egoistisch, fremdbestimmt oder frei? «Schon wieder», denkt sich S., als er abends allein im Büro weit über den Feierabend hinaus arbeitet. K. hatte ihn um Hilfe für ein wichtiges Projekt gebeten. Nur eine kleine Unterstützung, wie es schien, doch waren daraus letztlich viele Stunden Extraarbeit erwachsen. Und das erste Mal war es auch nicht! Obwohl beide sonst eigentlich gut zusammenarbeiten, spürt S. den Ärger in sich wachsen. Aber was hätte er tun sollen? Einfach «nein» sagen und K. im Regen stehen lassen?

Wer kennt das nicht? Man fühlt sich wie ferngesteuert. Die eigene Familie und Verwandtschaft, der Arbeitgeber und die Kollegen, die Gesellschaft, unsere Freunde, die Kirchgemeinde und nicht zuletzt man selbst – alles und jeder scheint mit gewissen Ansprüchen an uns heranzutreten. Es sind Ansprüche auf unsere Zeit, unsere Mithilfe, unsere ungeteilte Hingabe, unseren vollen Einsatz. Und obwohl wir alle erwachsene, freie Menschen sind – zumindest theoretisch! – fühlt man sich in solchen Situationen schnell sehr fremdbestimmt und Zwängen unterworfen.

Einfach «nein» sagen?

Eine einfache Patent-Lösung für dieses Alltags-Dilemma gibt es wohl nicht, auch wenn manch einer meint, sie längst gefunden zu haben: Einfach keinerlei Ehrenämter annehmen; nur das zusagen, wozu man wirklich Lust hat; konsequent «nein» sagen und sich abgrenzen und es ganz lässig aushalten, wenn andere enttäuscht sind. Bedarf an Hilfe? Nicht mein Problem! «Ich muss auch mal [oder wäre es nicht ehrlicher: in erster Linie?] auf mich schauen» …

Auch wenn es sein mag, dass der Einzelne dadurch mehr Annehmlichkeiten hat, hat diese Haltung eindeutig auch ihre Schattenseiten. Was ist mit jenen Aufgaben in Familie und Gesellschaft, auf die gerade keiner Lust hat? Die für jeden ein Extra an Einsatz oder ein persönliches Opfer bedeuten? Wenn jeder auf sich schaut, ist eben nicht an alle gedacht! Hinter manchem «professionellen» Nein verbergen sich Egoismus und eine Weigerung dem gegenüber, was Menschsein und Nächstenliebe ausmacht!

Über eigene Grenzen gehen?

Auf der anderen Seite geht es vielen von uns so, dass wir geradezu ausbrennen, wenn wir überall den großen Bedarf sehen und immer meinen, persönlich und sofort in die Bresche springen zu müssen. Wer allerdings die eigenen körperlichen und seelischen Grenzen weder kennt noch achtet, erlebt nicht, wie der Einsatz für andere froh macht.

Wir lassen uns freilich oft von falschen Schuldgefühlen oder von fragwürdigen Beweggründen leiten wie z. B., es allen recht machen zu wollen oder beliebter zu werden. Bei so viel «selbstlosem» Einsatz bleibt etwas auf der Strecke. Wir kommen in ein Fahrwasser des Selbstmitleids, sodass wir anderen damit in den Ohren liegen, wie überarbeitet, überbeansprucht und gestresst wir sind. Der Tenor dabei: Ich habe keine andere Wahl, ich bin gefangen in Ansprüchen und Erwartungen. Wer lange genug so lebt, endet in Verbitterung und seelischem Ungleichgewicht, oft sogar beim verzweifelten Aufschrei eines Burn-out: «Lasst mich endlich in Ruhe! Ich kann nicht mehr!»

 

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