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Bewegung und Hirngesundheit
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Bewegung
Bewegung und Hirngesundheit

Viele Menschen mit Hirn trainieren ihren Körper. Aber wussten Sie, dass auch körperliches Training Ihr Hirn trainiert?

Dr. med. Dirk Wunderlich
Oberarzt Neurochirurgie Asklepios Klinikum Harburg
Harburg, D

Immer bewegter und doch weniger Bewegung

Wir leben in einer Welt, welche die kognitiven Fähigkeiten, also das analytische Denken, das Kurz- und Langzeitgedächtnis, immer mehr in den Vordergrund rückt. Das Arbeitsfeld in der industrialisierten Welt hat sich in den vergangenen Jahrzehnten immer mehr von körperlichen Tätigkeiten hin zu sitzenden, körperlich inaktiven Beschäftigungen gewandelt. Die stetig steigende Informationsflut will bewältigt werden, sodass wir uns immer weniger Zeit für körperliche Aktivität nehmen. Ja, Sport wird als Privatvergnügen angesehen, ein Luxus, den wir uns erst nach erledigter Arbeit erlauben können.

Nach neueren wissenschaftlichen Erkenntnissen ist dies jedoch ein Trugschluss - mit teilweise verheerenden Folgen für die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Arbeitnehmer.

Wir wollen uns deshalb aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse ansehen, die nahelegen, dass sportliche Aktivität mit besserer Denkfähigkeit, verbesserter Stimmung, Motivation und somit auch mit beruflichem Erfolg in Zusammenhang steht.

BDNF – ein wichtiger Faktor für die Reparatur und Neubildung von Nervenzellen

Eine wesentliche neurophysiologische Rolle scheint hier der «Brain-Derived Neurotrophic Factor» (BDNF = zu Deutsch: «Vom Gehirn stammender, nervenbildender Faktor») zu spielen. Dieser Wachstumsfaktor des Gehirns ist ein Protein (Eiweiß). Er ist wesentlich an der Reparatur und dem Neuwachstum von Nervenzellen und deren Verbindungen untereinander (Synapsen) beteiligt. Mittels Tierversuchen (Ernfors, Kucera, Lee, Loring, & Jaenisch, 1995) wissen wir heute, dass ohne diesen Wachstumsfaktor ein Individuum nicht lange überleben kann, weil viele Nerven gar nicht erst gebildet werden und Nervenverletzungen nicht heilen können.

Die höchsten Konzentrationen dieses Stoffes hat man im Gehirn im Hippocampus, in der Großhirnrinde und dem Vorderhirn nachweisen können, also in Regionen, die wesentlich für das Kurz- und Langzeitgedächtnis und das abstrakte Denken verantwortlich sind (Huang & Reichardt, 2001).

Darüber hinaus kommt der BDNF aber auch in anderen Geweben des Körpers, wie z. B. in der Netzhaut der Augen (Retina) (Mysona, Zhao, Smith, & Bollinger, 2017), den Nieren (Becker, Wang, & Zucker, 2017), der Prostata (L.-W. Wang et al., 2017) und im Speichel (Mandel, Ozdener, & Utermohlen, 2009) vor, mit denen wir uns hier aber nicht näher befassen wollen.

Wie kann ich meine «Hirnleistung» verbessern?

Wenden wir uns somit der Frage zu, ob und was wir tun können, um die Regenerations- und Leistungsfähigkeit unseres Gehirns zu erhalten oder gar zu verbessern (Vaynman & Gomez-Pinilla, 2016). Um diese Frage näher zu beleuchten, ist es hilfreich, auf die Erfahrungen von Rehabilitationseinrichtungen für Schlaganfallpatienten zurückzugreifen (de Morais et al., 2017). Hier konnte nachgewiesen werden, dass 30 Minuten moderater, aerober sportlicher Betätigung in der Erholungsphase nach einem Schlaganfall den BDNF-Spiegel im Serum erhöhen konnten. In einer anderen Untersuchung stieg bei gesunden Probanden der BDNF-Spiegel während einer sportlichen Betätigung im aeroben Bereich um das 2-3-Fache des Ruhewertes an (Rasmussen et al., 2009). Aus diesen Untersuchungen lässt sich schließen, dass Patienten mit einem geschädigten Gehirn, wie dies nach Schlaganfällen oder traumatischen Schädel-Hirn-Verletzungen vorkommt, von regelmäßiger sportlicher Betätigung profitieren (Borror, 2017).

 

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